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Politische Ernährung. Mobilisierung, Konsumverhalten und Motive von Teilnehmer*innen der Wir haben es satt! Demonstration 2020

Die von dem Bündnis Meine Landwirtschaft organisierte Großdemonstration Wir haben es satt! findet seit zehn Jahren zum Auftakt der Agrarmesse Grüne Woche in Berlin statt. Das Bündnis setzt sich für eine nachhaltige, faire Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion ein und unterstützt deutschlandweit bäuerliche Betriebe. Am 18. Januar 2020 haben Forscherinnen der Freien Universität Berlin in Kooperation mit dem Institut für Protest- und Bewegungsforschung eine umfassende Befragung der Beteiligten der Wir haben es satt!-Demonstration durchgeführt. Die so gewonnenen Daten geben Aufschluss darüber, wer die Demonstrant*innen waren, was ihre Anliegen und politischen Haltungen sind und, nicht zuletzt, wie sie durch ihr eigenes Verhalten in Konsum und Lebensführung eine andere Landwirtschaft unterstützen. Ein Großteil der Befragten der Wir haben es satt!-Demonstration identifizierte sich als weiblich und ordnete sich politisch als links der Mitte ein. Ältere Kohorten waren insgesamt etwas stärker vertreten. Wie bei vielen Protesten in Deutschland stellen die Befragten einen spezifischen sozio-ökonomischen Ausschnitt der Bevölkerung dar: zwei Drittel geben an, einen Universitätsabschluss zu haben, die meisten verfügen über ein mittleres bis hohes Einkommen. Vor allem waren die Demonstrant*innen stark politisch engagiert; viele von ihnen sind Mitglied in politischen Organisationen, sehr erfahrene Demonstrant*innen und vertraut mit den gesellschaftspolitischen Kämpfen zu Klima- und Umweltpolitik. Für weniger als zwei Prozent war dies die erste Demonstration überhaupt. Da es bei der Demonstrationsbefragung nicht möglich war, auch den an die Wir haben es satt!-Demonstration angegliederten Traktoren-Umzug fußläufi g zu befragen, handelt es sich zudem bei den Teilnehmer*innen der Befragung vor allem um Konsument*innen. Nur sehr wenige der Befragten produzieren selbst Lebensmittel zu kommerziellen Zwecken. Diese spezifische Gesellschaftsgruppe kann als ernährungsbewusst bezeichnet werden. Sie trifft ethische Kaufentscheidungen und hat ein großes Interesse daran hat, die eigenen Anliegen zu äußern.